AbfallWiki - Schrottkunde - Teil 2
Schrottsorten - Definitionen und Bedeutung:
Neben den generellen Regelwerken zur Definition des gegenseitigen Umgangs ist es von großer Bedeutung zu wissen, dass Schrott – egal ob Eisen- oder Nichteisenschrott – nach Sorten gehandelt wird. Schrott entsteht – im Gegensatz zu Produktionsgütern – nicht durch definierte Produktionsprozesse, sondern fällt an, indem Wirtschaftsgüter am Ende Ihres Lebenszyklus obsolet werden (Altschrott) bzw. entsteht als Produktionsabfall diverser Herstellungsprozesse (Neuschrott). Wirtschaftsgüter bestehen aber in der Regel nicht aus nur einem Metall. Aufgrund technischer Anforderungen werden in der Regel eine Vielzahl von Metallen und Legierungen eingesetzt. Ein Ottomotor besteht beispielsweise mit allen Nebenaggregaten aus mehr als 100 verschiedenen Metallen und Legierungen…
Schrott ist ein wichtiger Rohstoff für industrielle Prozesse und die Herstellung von Wirtschaftsgütern. Dabei nehmen Eisen- und Nichteisenmetalle eine besondere Rolle ein, da sie nahezu unbegrenzt oft recycelt werden können ohne Ihre Werkstoffeigenschaften zu verlieren. Zeitgenössische Industrieprozesse – wie die Stahlerzeugung – oder der Maschinen- und Anlagenbau benötigen jedoch streng definierten Rohstoffe um Qualitätsprodukte zu erzeugen.
Hier liegt nun die Kunst des privatwirtschaftlichen Schrotthandels. Die gelieferten – meist eher heterogenen - Haufwerke unterschiedlicher Metalle werden durch Sortierung (noch immer sehr stark händisch mit maschineller Unterstützung); Werkstoffverbünde durch den Einsatz von Aufbereitungstechnik in vermarktbare Sorten verwandelt.
Diese Sorten definieren sehr genau und eng für die jeweilige Metallkategorie was für die Industrie akzeptabel ist und was nicht, bzw. wieviel Aufwand noch zu betreiben ist, bis ein akzeptables Niveau erreicht ist. Und genau hier kommen dann für die Lieferanten(-innen) die Abzüge und Umstufungen der Qualitäten mit den verhassten Preisabschlägen ins Spiel.
Ein typisches und häufiges Beispiel findet sich beim Kupfer:
Es ruft jemand an: „Ich wollte mal fragen was Ihr so für das Kupfer bezahlt?“
Der Schrotthändler denkt sich: Welche Sorte? Welche Menge? Privat einmalig oder regelmäßiger Entfall? Und fängt an zu fragen: „Wieviel ist es denn so etwa? Und was für Kupfer genau?“
Der Lieferant: „Eine große Menge. Reines Kupfer“
Der Schrotthändler versucht es erneut: „Was heißt denn eine große Menge so etwa in Kilo?“ und hofft auf Millberry: „Reines Kupfer aus Kabeln?“
Der Lieferant: „So etwa 30 kg. Reines Kupfer.“ Und hofft auf den Preis aus dem Börsenteil der Tageszeitung oder aus dem Internet (welche nichts, aber auch gar nichts mit der Realität des Geschäftes zu tun haben...)
Der Schrotthändler rollt mit den Augen, ahnt ungutes… und nennt einen Preis für Millberry. Der Lieferant soll ja schließlich kommen.
Der Lieferant kommt mit hohen Erwartungen und hat 15 kg Installationskupfer (Rohre) dabei. Davon 3 Kilo Wikurohre (mindere Sorte) und 5 kg mit Messingfittings und Stahlschellen (müssen bearbeitet werden). Der Rest ist Raff (95% Cu Inhalt) … Spätestens an der Kasse kommt das böse Erwachen und die Diskussion…
Beispiele wie diese lassen sich jeden Tag zu Hauf finden und bilden die Grundlage für eine Reihe von Stammtischgesprächen in denen auf die Schrottgangster geflucht und Geheimtips ausgetauscht werden. Beispiele wie dieses sind das Ergebnis gepflegten Halbwissens auf der einen und mangelndem Verständnis auf der anderen Seite… Dabei lassen sie sich einfach vermeiden, indem sich der Lieferant vor dem Anliefern schlau macht und vorsortiert und indem sich der Schrotthändler vor Augen führt, dass nicht jeder ein Profi ist.
Schlau machen und Vorsortieren:
Niemand soll sich hier zum Experten machen, und die Sortendefinitionen der nationalen Eisen- und Stahlschrottsorten, der Europäischen Stahlschrottsortenliste, der internationalen Stahlschrottsorten, oder gar auch noch der Nichteisenmetalle auswendig lernen. Das können noch nicht mal die Profis… Es lohnt sich jedoch einige Grundlagen zu verinnerlichen:
Die wichtigste zuerst: was nicht auf den Listen steht ist Vormaterial und muss durch Bearbeitung in eine Sorte überführt werden. Bearbeitung erzeugt Reststoffe welche entsorgt werden müssen. Bearbeitung und erfordert Produktionszeit und erfordert Maschinen die bezahlt werden müssen. Bezahlen tut dies der Lieferant in Form von Abzügen, Kosten und schwächeren Preisen. Nicht die Stahlwerke, Gießereien und anderen Verbraucher. Diese kaufen Sorten, nicht Vormaterial!
Alle Schrotte sind Rohmaterialien für Produktion. Das heißt: Reinheit ist oberstes Gebot. Dabei geht es neben der Reinheit in den Sorten auch um Stör- und Fremdstoffe. Schrotthandel ist ein wettbewerbsintensives Geschäft. Preise sind entsprechend eng kalkuliert und erlauben keine Abweichungen im Einkauf von den definierten Qualitäten.
- Störstoffe sind Materialien, deren Anwesenheit im Haufwerk oder Materialverbund den Einsatz für die Industrie erheblich beeinträchtigt. Das sind die sogenannten Stahlschädlinge in der Eisenmetallurgie (Kupfer, Zinn, Blei) oder Fremdmetalle in der Nichteisenmetallurgie. Daneben können es Stoffe sein, die im Produktionsprozess gefährliche Eigenschaften entfalten. Dazu gehört neben Wasser (!!!) oder Betriebsstoffen, auch Druckbehälter oder Isoliermaterialien wie Mineralwolle oder Asbest. Die Ausschleusung von Störstoffen ist aufwändig, oft gefährlich für Mensch und Umwelt und, sofern korrekt und ordnungsgemäß ausgeführt, teuer! Störstoffe führen in der Regel zu Annahmeverweigerungen mindestens aber zu herben Preisabschlägen für den Lieferanten.
- Fremdstoffe sind Materialien die nichts mit dem gelieferten Metallsorten zu tun haben und daher auch nicht vergütet werden. Kunststoffe, Holz, Beton und andere Materialien zählen hierzu. Oft sind die Fremdstoffe fest mit dem Material verbunden und müssen durch Technik getrennt werden. Gewisse Fremdstoffgehalte sind in den Sorten als Toleranzen möglich und eingepreist. Fremdstoffe führen zu Abzügen oder Sortenabstufungen, meistens in Verbindung mit der Berechnung von Entsorgungskosten.
Ein seriöser Schrottbetrieb ist jederzeit in der Lage Ihnen die Störstoffgehalte oder Abzüge für Fremdstoffe aufzuzeigen und Annahmeverweigerungen oder Abwertungen zu begründen. Auch die Kosten für Entsorgung oder Aufbereitung sind transparent ausgewiesen und werden auf Nachfrage dargelegt.
In der kommenden Woche geht es weiter mit dem 3. Teil - Sortierhinweisen